ELIZA, ein Psychologen-Chatbot, ist der Vorläufer moderner Gesprächsroboter. Dieses 1966 von Joseph Weizenbaum am MIT ins Leben gerufene Programm stellt einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Informatik dar.
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Die Ursprünge von ELIZA
ELIZA wurde 1966 im Labor des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) dank des deutsch-amerikanischen Informatikers Joseph Weizenbaum geboren. Weizenbaum wurde 1923 in Berlin geboren und emigrierte 1936 mit seiner Familie in die USA, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen.
Weizenbaum schnitt in Mathematik hervorragend ab, unterbrochen von seinem Dienst als Meteorologe während des Zweiten Weltkriegs. Anschließend machte er sich bei General Electric einen Namen, indem er das erste Computersystem für den Bankbetrieb mitentwickelte und die Programmiersprache „SLIP“ für die Listenverarbeitung schuf, die technische Grundlage des ELIZA-Programms.
Ein revolutionärer virtueller Psychologe
Drei Jahre nach seinem Beitritt zum MIT stellte Weizenbaum der Welt ELIZA vor, ein Computerprogramm, das in der Lage ist, mit seinen Benutzern in natürlicher Sprache zu kommunizieren. Basierend auf dem Prinzip der Analyse von Schlüsselwörtern in Dialogen simulierte ELIZA einen Psychotherapeuten und ermutigte die Benutzer, sich anzuvertrauen, während sie ihre Kommentare in Form von Fragen umformulierten. Diese einfache Technik erweckte den Eindruck, dass der Chatbot seine Gesprächspartner tatsächlich verstand, und erzeugte so eine Illusion von Empathie.
In dem wissenschaftlichen Artikel zur Vorstellung seines Programms betonte Weizenbaum eindringlich den Unterschied zwischen den wahrgenommenen und den tatsächlichen Fähigkeiten der Maschine. Er erklärte, dass die Maschinen wunderbar erscheinen und sogar Experten verblüffen könnten, und bestand darauf, dass die „Magie“ verschwand, sobald die Mechanismen des Programms entmystifiziert seien. Die zugrunde liegende Einfachheit wurde dann wieder deutlich und machte ELIZA vom Status eines „intelligenten“ Produkts zu dem einer einfachen Kuriosität.
Der ELIZA-Effekt: Anthropomorphismus und Computer
Der Name ELIZA bezieht sich auf Eliza Doolittle, eine fiktive Figur im Theaterstück Pygmalion von George Bernard Shaw, dessen musikalische Adaption My Fair Lady ebenfalls sehr bekannt ist. Wie die Figur, die mit Hilfe eines Lehrers ihre Sprache von populär zu elitär verwandelt, könnte das ELIZA-Programm von seinen Benutzern ständig verbessert werden.
Allerdings erwartete Weizenbaum nicht, dass Nutzer seinem Programm übermäßig menschliche Züge zuschreiben würden. Dieser Anthropomorphismus, der als „ELIZA-Effekt“ bezeichnet wird, zeigt, wie Menschen dazu neigten, Computer als fähig zu betrachten, echtes menschliches Verständnis zu ermöglichen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist Weizenbaums Sekretärin, die mitten in einer Dialogsitzung mit ELIZA den Professor aufforderte, den Raum zu verlassen, um den „persönlichen“ Charakter des Gesprächs zu wahren.
Weizenbaums Kampf gegen die Auswüchse der KI
Während ELIZA faszinierendes Potenzial offenbarte, brachte es Joseph Weizenbaum auch dazu, kritisch über künstliche Intelligenz nachzudenken. Er wurde schnell zu einem entschiedenen Gegner dessen, was er die „künstliche Intelligenz“ nannte, der technologischen Eliten, die in Maschinen das Potenzial sahen, den Menschen vollständig zu ersetzen.
Sein Aufsatz „Computer Power and Human Reason: From Judgement to Calculation“ aus dem Jahr 1976 ist eine humanistische Kritik an künstlicher Intelligenz und automatisierten Entscheidungssystemen. Weizenbaum argumentierte, dass es nicht nur falsch, sondern auch gefährlich sei, unsere Entscheidungen an Maschinen zu delegieren, auch wenn es ihnen an Weisheit und Mitgefühl mangelt. Die in diesem Buch geäußerten Kritiken werfen Licht auf die sozialen und moralischen Implikationen der KI und eröffnen eine Debatte, die bis heute aktuell ist.
Weizenbaums Erbe
Joseph Weizenbaum verbrachte die letzten Jahre seines Lebens in Berlin, wo er 2008 starb. Sein Werk, das zu seinen Lebzeiten kaum Beachtung fand, wird heute wiederentdeckt und neu bewertet, da künstliche Intelligenz in unserem Leben eine immer wichtigere Rolle spielt. Weizenbaum hat nie aufgehört, wesentliche Fragen zur Beziehung zwischen Mensch und Maschine zu stellen und die Notwendigkeit eines ethischen und verantwortungsvollen Umgangs mit KI zu betonen.
Olivier Tesquet, ein auf digitale Technologie spezialisierter Journalist, stellt fest, dass eine Rückkehr zu Weizenbaums Ideen im globalen Kontext des Aufstiegs generativer künstlicher Intelligenz wie chatgpt dringend notwendig erscheint. Wenn man über Weizenbaums Warnungen nachdenkt, stellt sich eine grundlegende Frage: Wie stark sollten wir künstliche Intelligenz unsere täglichen Entscheidungen beeinflussen lassen?