Als CEO Mark Zuckerberg im Oktober letzten Jahres ankündigte, dass der Social-Media-Gigant Facebook auf Meta-Plattformen umsteigen würde, gab es viele Fragen. Wurde es getan, um dem regulatorischen Schneesturm zu entkommen, in dem es sich befand? Oder ging es darum, den vielversprechenden Metaverse-Raum zu erschließen und den First-Mover-Vorteil zu ernten? Sascha Kraus, Professor für Management an der Freien Universität Bozen in Italien mit Expertise zum Thema digitale Transformation, hat einige Antworten. Bearbeitete Auszüge aus dem Interview:

Was ist Ihrer Meinung nach der Grund für die Namens- und Identitätsänderung von Facebook?

Zunächst einmal hat nicht das soziale Netzwerk Facebook seinen Namen geändert, sondern nur seine Muttergesellschaft. Dazu gehören nicht nur Facebook selbst und sein Messenger, sondern auch andere Social-Media-Marken – Instagram und WhatsApp – sowie Oculus, einer der größten Hersteller und Entwickler von Virtual-Reality-Brillen und -Geräten, und andere Unternehmen als Tochterunternehmen.

Angesichts dieser Vielfalt an Aktivitäten ist es absolut sinnvoll, die Muttergesellschaft nicht gleich der größten, aber definitiv angeschlagenen Marke zu nennen. Der neue Name ist nichts weiter als eine gigantische Wette auf eine nächste digitale Grenze namens Metaverse – das Internet der nächsten Generation – eine einzige, universelle und immersive virtuelle Welt der sozialen Medien, die durch den Einsatz von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (erweiterte Realität) ermöglicht wird ( AR)-Geräte. CEO Mark Zuckerberg hat sich dieser neuen Vision verschrieben – ein wesentlicher Vermittler des Metaversums zu werden – und alle Tochtergesellschaften werden in Zukunft darauf hinarbeiten müssen. Hier will Meta den Ton angeben.

Bedeutet der Übergang von Facebook zu Meta, dass das Wachstum von Social Media, wie wir es kennen, nun vorbei ist und jedes Social-Media-Unternehmen anderswo Einnahmen finden muss?

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Das eigene Wachstum von Facebook stockt seit geraumer Zeit. Obwohl es bei den Nutzerzahlen noch knapp die Nummer eins ist – noch vor YouTube und der eigenen Schwestermarke WhatsApp –, haben Plattformen aus Asien Facebook beim globalen Wachstum längst überholt. Derzeit spielt im Westen im Wesentlichen nur TikTok eine nennenswerte Rolle. WeChat, das hauptsächlich in China genutzt wird, ist weltweit bereits die Nummer fünf, gemessen an den Gesamtnutzerzahlen.

Facebook hat ein viel gravierenderes Problem: Seine Nutzer altern mit dem Netzwerk und gerade die jüngere Zielgruppe findet es uncool, wenn ihre Eltern, Verwandten oder auch Lehrer ihnen Freundschaftsanfragen schicken und scharenweise auf andere Plattformen aufbrechen.

Ein überdurchschnittliches Wachstum für klassische Handy- und Browser-basierte Social-Media-Plattformen wird zukünftig voraussichtlich vor allem auf zwei Wegen möglich sein – durch Verdrängungswettbewerb in bereits weitgehend entwickelten Märkten oder durch Konzentration auf möglichst wenig entwickelte Märkte, wie z wie in Afrika, wo nicht jeder Mann, jede Frau und jedes Kind ein Handy mit Internetzugang hat.

Angesichts der erklärten Umstellung von Facebook auf Metaverse, die sich auch in der Namensänderung in Meta und verschiedenen Ankündigungen widerspiegelt, wie wird Metas Umsatzgenerierungsansatz aussehen?

Dies ist immer noch nur spekulativ, da es unzählige Möglichkeiten gibt, im Metaversum echtes Geld zu verdienen. Meta experimentiert derzeit mit einer virtuellen offenen Welt namens Horizon Worlds, in der es die Monetarisierung der virtuellen Welt erprobt, in der sogenannte „Ersteller“ ihre Produkte und Effekte wie spezielle Gegenstände oder Zugang zu VIP-Bereichen anbieten können das Metaverse, an dem Meta selbst immer einen prozentualen Anteil haben wird. Momentan können nur Amerikaner und Kanadier teilnehmen, zukünftig ist aber davon auszugehen, dass die virtuelle Welt über die Plattform Oculus Quest weltweit auf Handys und Spielkonsolen verfügbar sein wird. Immer mehr Unternehmen und Stars verkaufen auch spezielle (echte) Produktkollektionen, die hier exklusiv erworben werden können, oder virtuelle Tickets für Events wie Konzerte oder Modenschauen.

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Das Metaverse verspricht auch ein Paradies für Influencer, Versicherungen und die Immobilienbranche zu werden und an all dem verdient Meta künftig mit Provisionen von bis zu 50 Prozent.

Beobachter sagen, dass die Verschiebung darin besteht, die negative Publizität anzugehen, die Facebook in den letzten Jahren in Bezug auf Datenschutz, den Cambridge-Analytica-Skandal und gefälschte Nachrichten erhalten hat. Wie wird Meta diese Fragen beantworten, wenn der Einstieg in die Metaverse tatsächlich aufdringlicher sein kann als das, was wir in den sozialen Medien erleben?

Natürlich kam die Namensänderung genau zu einer Zeit, als der Wind für Facebook immer rauer wehte. Es liegt nahe, einen gewissen Einfluss des allgemeinen Drucks anzunehmen, der durch die erwähnten Skandale entstanden ist.

Andererseits macht die Namensänderung auch Sinn, da die Muttergesellschaft nicht mehr nur Facebook selbst war. Hinzu kommt, dass Zuckerberg nicht weniger als eine Revolution verspricht. Im Metaversum können Sie sich mit Freunden treffen, Ihren Homeoffice-Alltag per Virtual Reality nachstellen und sich mit Kollegen in anderen Teilen der Welt austauschen. Am Ende des Tages können Sie es sich in Ihrem virtuellen Zuhause mit Blick auf das Meer oder den Wald gemütlich machen, eine TV-Sendung oder einen Film streamen oder ein E-Book lesen.

Die negative Publicity wurde also zu einem großen Teil durch positive Konnotationen abgelenkt. Wird es ähnliche, vergleichbare oder noch größere Skandale in einem Metaversum geben, das zumindest potenziell unverhältnismäßig größer ist? Sehr sicher. Die Frage ist nur, ob Meta in der Lage sein wird, damit umzugehen, wie Facebook es in den letzten Jahren offenbar nicht war.

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Aus sozialwissenschaftlicher Sicht ist dies jedoch ein äußerst spannendes Experiment, das wir alle in den kommenden Jahren live beobachten können – wenn sich das Metaversum in dem Ausmaß und der Geschwindigkeit durchsetzt, die Zuckerberg vermutet.

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